Tränen zum Abschied

Freud und Leid gehören nun mal dazu zum Leben.
Das ist uns allen bewusst und doch möchte man am liebsten auf das Leid verzichten.
Aber wir werden nicht gefragt.

Seit vielen Monaten bin ich jeden Sonntagnachmittag zu meinen Eltern gefahren, die bei mir im Ort wohnen. Ich wollte das so, denn mir haben Freunde immer wieder gesagt: Nutze die Zeit, denn eines Tages wirst du zurück blicken und dich fragen, ob du deinen Lieben genügend Zeit mit dir gegönnt hast.

Das gilt nach wie vor. Aber in aktuellen Geschehen denke ich da besonders an meine Eltern.
Denn mein Vater hat am 29.11.2023 für immer seine Augen geschlossen.
Es kam für uns alle überraschend, wenn auch zu erkennen war, dass die Lebenskraft in den vergangenen Monaten immer mehr aus ihm wich.

Ich habe das Bedürfnis hier über ihn zu schreiben, obwohl oder gerade weil mein Vater keinerlei Berührungspunkte mit den modernen Medien hatte. Er besaß nicht mal ein Handy und alles, was mit dem Internet zu tun hatte, war ihm fremd. Wirklich eine völlig andere Welt, die sich ihm nie erschlossen hat und auf die er auch keinerlei Lust hatte. Einfach zu unergründlich. Deshalb machte er keinen Versuch dahinter zu blicken.

Und jetzt ist er scheinbar weg. Doch ganz erstaunliche Dinge geschehen seit seinem Tod, die mir mehr als einmal zeigen, dass mich da Signale erreichen, die sicherlich von ihm gesendet wurden und werden.
Er, der Stille, der Ruhige, der Introvertierte macht auf sich aufmerksam auf ganz besondere Weise.
Auf eine schöne, sanfte und leise Weise. Genau passend zu seinem Wesen.

Und das ist ein großer Trost für mich.
Ich bin sehr im Frieden mit seinem Tod.
Das mag merkwürdig klingen, aber ich empfinde es so.

Scheinbar viel mehr als meine Mutter.
Sie vermisst ihn schmerzlich und unglaublich stark und leidet. Ihre Welt ist derzeit schwer aus den Fugen geraten, denn meine Eltern waren in diesem Herbst 65 Jahre verheiratet gewesen. Seit ihrer Jugend in den späten 50er Jahren waren sie ein Team, gingen durch dick und dünn und verbrachten so gut wie alle ihre Tage gemeinsam. Da gab es weder getrennte Urlaube, noch kaum Krankenhaus- oder Kuraufenthalte und auch keine beruflichen Termine, die eine zeitlich begrenzte Trennung nötig gemacht hätten.

Wenn man sich so völlig aufeinander einlässt und kaum andere Kontakte außerhalb der Familie pflegt, dann reisst der Tod eines geliebten Ehepartners eine unfassbar große Lücke. Der Sinn eines Weiterlebens wird dann wenigstens hin und wieder in schwachen Momenten in Frage gestellt.

Hier ein, wie ich finde, sehr schönes Foto meiner Eltern aus guten Tagen, die schon eine Weile zurück liegen. Das war im Sommer 2016, als sie aus Thüringen weg gingen und zur Familie nach NRW zogen.

So voller Saft und Kraft sah mein Vater am Ende nicht mehr aus. Aber ich werde ihn in erster Linie so in Erinnerung behalten, wie hier auf dem Foto.

Nun, beinahe zwei Monate nach seinem Tod sind es viele kleine und scheinbar unbedeutende Erinnerungen, die mir ein gutes und warmes Gefühl bereiten. Und ich weiß, woher auch immer(?), dass es ihm gut geht, da wo er jetzt ist. Meiner Mutter versuche ich von meinem wohligen Gefühl abgeben, sie immer wieder aufbauen und ihr viel Glücksmomente bescheren. Gestern war ich wieder bei ihr. Wir waren zunächst auf dem Friedhof und sind dann in der Gegend herum gefahren bis wir letztlich bei ihr auf einen Kaffee angekommen sind. Sie tut sich schwer wochentags die leere Wohnung zu ertragen und leidet darunter, nicht jederzeit einen direkten Ansprechpartner zu haben. Grossartig raus gehen und Leute treffen möchte sie auch noch nicht wieder. Das ist für Februar geplant. Dann geht sie wieder zu Kirchenveranstaltungen und streckt mal die Fühler in der Nachbarschaft aus, um die eine oder andere alleinstehende Dame für einen Spaziergang zu gewinnen. So ist der Plan.

Wir alle, meine Söhne mit Familie und ich kümmern uns um meine Mutter und versuchen sie in allen Belangen zu unterstützen. Aber da wir alle berufstätig sind, bleibt eigentlich zu wenig Zeit für sie.

Trotzdem, ich bin zuversichtlich, dass mit dem Frühling und mehr Licht auch ihr Lebensmut wieder erstarkt.

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4 Antworten zu Tränen zum Abschied

  1. Alma schreibt:

    Liebe Iris,
    mein herzliches Beileid.
    Ich finde es wunderbar, wie lieb Du über Deine Eltern, explizit über Deinen Vater schreibst.
    Ganz sicher sendet er Dir immer wieder seine Liebe.
    Bestimmt kann Deine Mutter das auch irgendwann spüren.

  2. martinacarmenluise schreibt:

    Das tut mir sehr leid liebe Iris, auch von mir herzliches Beileid. Und liebe Grüße, Martina

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